James Bonds Dienstwagen sieht man nicht an, dass sie tauchen, fliegen, schießen oder Raketen abfeuern können. Äußerlich ähnlich gut getarnt ist auch der Nissan Leaf. Der Kompaktwagen kommt ziemlich harmlos daher: Er hat eine flach abfallende Haube, glupschäugige Scheinwerfer und ist wenige Zentimeter länger als ein VW Golf. Dabei hat er modernste Technik unter der Haube und ist der meistverkaufte Elektrowagen der Welt.
Aber der Nissan Leaf, der vor mir auf einem ehemaligen Militärgelände nahe der kalifornischen Stadt Irvine steht, setzt technisch noch eins drauf. Er ist High Tech pur. Er kann ganz alleine fahren. Ohne Fahrer.
Dieser Leaf ist ein Roboterauto. Ich kann das kaum glauben. Noch vor Kurzem glichen solche selbstfahrende Autos Mondlandefahrzeugen mit riesigen Dachaufbauten, der Kofferraum vollgestopft mit Rechnern. Beim Leaf verraten allein zwei große Bildschirme auf dem Armaturenbrett und die Löcher - ähnlich wie Lüftungsschlitze - in Stoßstange und Kotflügeln, dass etwas anders ist. Dort sitzen die Augen des Leaf: Sensoren, Laserscanner und Kameras überwachen die Umgebung.
Ich steige ein. Ein Techniker begleitet mich. Er soll das über 100.000 Euro teure Versuchsauto vor allzu risikobereiten Journalisten schützen. Bislang gibt es nur acht Stück der selbstfahrenden Leaf-Autos.
Und die sind weit mehr als Spielerei: "Selbstfahrende Autos sind weltweit das größte Technikthema der nächsten Jahre", sagt Carlos Ghosn, Chef des weltweit viertgrößten Autoherstellers Renault-Nissan. Gerade hat sein Unternehmen angekündigt, bis 2020 ein bezahlbares, völlig autonom fahrendes Auto auf den Markt zu bringen. Nissan greift damit den Software-Riesen Google, die Autohersteller BMW, Mercedes, Volvo, Volkswagen, Audi sowie die Zulieferer Continental und Bosch an. Sie alle präsentierten auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt neue Ideen für selbstfahrende Fahrzeuge.
Aber nun geht es erst mal los. Vor uns liegt ein staubiger Parcours, fast 40 Grad Celsius zeigt das Thermometer auf dem Armaturenbrett. Später führt die Strecke über Autobahnen, Landstraßen und sogar durch den Stadtverkehr.
Die ersten Meter lenke ich selbst, gebe Gas und überblicke das Testgelände. Es geht vorbei an parkenden Autos, Hindernissen und Kreuzungen.
Dann überwinde ich mich. Mitten auf dem Rundkurs drücke ich am Lenkrad die Taste "autonomous driving". Und dann soll ich meine Hände in den Schoß legen. Ab jetzt übernimmt der Leaf das Kommando - oder besser: seine Sensoren, sein Radarsystem, seine Kameras sowie zahllose Rechner. Sie aktualisieren das Bild der Umgebung rund 20 Mal pro Sekunde und verknüpfen es mit Infos über Straßen, Brücken und Hügel, die auf dem Kartenmaterial des Navigationsgerätes hinterlegt sind.
Es klappt. Das Lenkrad dreht sich wie von Geisterhand, und der Wagen beschleunigt, ohne dass ich irgendetwas mache. Und er weiß offenbar, wohin er will.
Vor uns auf der Strecke trödelt ein weißer Geländewagen. Der Leaf blinkt zum Überholen. Kann er das wirklich? Kann ich ihm vertrauen? Oder schießen wir gleich links in die Kiesgrube?
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... für einen Renault.