3D Printing

3D-Druck im Maschinenbau

27.07.2013
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Mit Rainer Gebhardt, beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) Experte für das Thema 3D-Druck, sprach CW-Redakteur Jürgen Hill über die Herausforderungen und Chancen des 3D Printing im Maschinenbau.

CW: Erklären Sie kurz was aus Ihrer Sicht 3D-Druck ist und was er bringt?

Gebhardt: 3D-Druck ist der Oberbegriff für werkzeuglose Herstellungsverfahren, die den schichtweisen Aufbau von Bauteilen aus digitalen Daten erlauben. Dieses werkzeuglose Herstellungsverfahren verändert die Art der Konstruktion radikal und eröffnet somit vollkommen neue Gestaltungsfreiräume.

Rainer Gebhardt ist Experte für 3D-Druck beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau(VDMA).
Rainer Gebhardt ist Experte für 3D-Druck beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau(VDMA).
Foto: VDMA

CW: Und was bedeutet das praktisch für die Zukunft?

Gebhardt: Argumente für den Erfolg der Technologie und für das breite Interesse gibt es viele: Neue Konstruktionsfreiräume, schnelle und werkzeuglose Herstellung von Prototypen, Potenziale zur Reduzierung von Kosten in der Lagerhaltung und Logistik bilden hier erst den Anfang. Viel Anlass zu kontroversen Diskussionen gibt 3D-Druck auch mit Blick auf Themen wie Copyright, Schutz von geistigem Eigentum etc.

CW: Was verbindet 3D Printing mit der etablierten Drucktechnik?

Gebhardt: 3D-Druck ist Drucken in der dritten Dimension. Der junge Industriezweig hat viele Berührungspunkte mit dem etablierten Maschinen- und Anlagenbau der grafischen Industrie: Produktivität, Datenhandling, Reproduzierbarkeit, Präzision, Standards und Normen für Qualität und Sicherheit, um nur einige Beispiel zu nennen. Die jahrzehntelange Erfahrung, das Wissen und die Vernetzung im Fachverband Druck- und Papiertechnik bieten aus meiner Sicht eine hervorragende Basis für dieses Zukunftsthema.

CW: Welche Auswirkungen hat die Technik auf die industrielle Fertigung?

Schicht für Schicht entsteht hier ein Torso.
Schicht für Schicht entsteht hier ein Torso.
Foto: VDMA

Gebhardt: Große Anlagenbauer haben beispielsweise Abteilungen für 3D-Druckverfahren. Diese eröffnen ganz neue Lösungswege in der Entwicklung und Konstruktion. International wittern Industrie und Wirtschaft im 3D-Druck neue Geschäftsfelder. Die innovativen Fertigungsmethoden des 3D-Drucks definieren die Welt der Produktion neu: vom Prototypenbau über die Planung von Ersatzteilen bis hin zur Einzelteilfertigung. Ganz anschaulich sind Beispiele für individualisierte Teile aus der Medizintechnik. Keine zwei Menschen haben eine identische Zahnkrone…

CW: Hat 3D Printing das Potenzial, herkömmliche Fertigungsmethoden zu ersetzen?

Gebhardt: Bei aller Euphorie sollte man sich nicht darüber hinweg täuschen lassen, dass die Geometrie eines Bauteiles häufig nur ein Bruchteil der Ingenieurleistung ist. Eigenschaften wie Verschleißfestigkeit, Bruchfestigkeit und Verformungseigenschaften sind Merkmale, die sich nicht einfach mit einer Daten-File und einer Handvoll Pulver erzeugen lassen. Ausgereifte Funktionsteile und hochwertige Massenteile des etablierten Maschinenbaus wird der 3D-Druck in absehbarer Zeit sicherlich nicht ersetzen können.

CW: Also ist das Ganze noch Zukunftsmusik. Oder in welchen Industriebereichen wird 3D-Druck bereits eingesetzt?

Egal ob Torso, Hände etc., 3D-Drucker eröffnen neuen Gestaltungsspielräume.
Egal ob Torso, Hände etc., 3D-Drucker eröffnen neuen Gestaltungsspielräume.
Foto: VDMA

Gebhardt: Der 3D-Druck ist in vielen Fällen heute schon eine hervorragende Methode, um Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und Sonderwünsche zu erfüllen. Auch Spezialanwendungen wie Leichtbau und bauraumoptimierte Konstruktionen sind vielversprechende Aktionsfelder für die generativen Verfahren. Konstrukteure, die das klassische Maschinenbau-Know-how mit den Konstruktionsmöglichkeiten des 3D-Drucks verbinden, haben die Nase vorn, wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit von Baugruppen zu optimieren.

CW: Was muss geschehen, damit sich 3D-Druck auch in der Fertigung durchsetzt?

Gebhardt: Die Performance der Systeme muss sich verbessern und die Investitionskosten für die Anlagen müssen im Verhältnis stimmen. Die Materialkosten werden sich auf einem gesunden Niveau einpendeln. Da die Technologie noch am Anfang der Entwicklung steht, sehe ich hier noch große Potenziale. (mhr)