Potenzialanalyse

Mobile Prozesse: eine Chance für die Wirtschaft

02.03.2014
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Dr. Jörg Dörr ist seit 2010 Leiter der Hauptabteilung „Information Systems“ am Fraunhofer IESE in Kaiserslautern. Sein Arbeitsschwerpunkt in Forschungs- und Transferprojekten umfasst Requirements Engineering mit Fokus auf nicht-funktionalen Aspekten. Jörg Dörr verfügt über umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet des Requirements Engineerings für Software- und Systementwicklung. Er leitet diverse Schulungs-, Technologietransfer- und Forschungsprojekte im industriellen Umfeld.
Dr. Marcus Trapp studierte an der TU Kaiserslautern Informatik mit Nebenfach Wirtschaftswissenschaften. Derzeit leitet er die Abteilung Information Systems Development (ISD) am Fraunhofer IESE. In Industrieprojekten und öffentlichen Projekten liegt sein Fokus auf der Gestaltung von Benutzungsschnittstellen, User Experience für Geschäftsanwendungen, Requirements Engineering, Interaction Design, User Interface Prototyping sowie Integration von Usability Engineering und Software Engineering.
Steffen Hess ist Diplom-Wirtschaftsingenieur und leitet am Fraunhofer IESE die Research Area »Business Goes Mobile«. Er ist in den Bereichen User Experience und Requirements Engineering tätig, insbesondere in den Themenschwerpunkten Interaktionsdesign und User Experience für mobile Geschäftsanwendungen. Er verfügt über Erfahrung aus der Konzeption, Entwicklung und Bewertung von zahlreichen mobilen Apps in verschiedenen Branchen sowie aus Forschungsprojekten im Mobile Software Engineering.
Viele Unternehmen könnten ihre Geschäftsprozesse durch den Einsatz mobiler Techniken deutlich verbessern. Doch sie wissen nicht wie. Lesen Sie, wie es gelingt, die geeigneten Geschäftsfelder und Rollen zu identifizieren.

Mobile Applikationen spielen in vielen Unternehmen heute schon eine wichtige Rolle. Ob als Erweiterung beziehungsweise Ergänzung des Produktportfolios oder als Unterstützung der eigenen Belegschaft - für innovative Firmen ist Mobilität essenziell. Dabei ist die Mobilität kein Selbstzweck, sondern dient dazu, die Unternehmensprozesse zu optimieren.

Mobil ausführbare Geschäftsprozesse können beispielsweise Durchlaufzeiten von Prozessen verkürzen, ein breites Spektrum von Mitarbeitern in Abläufe einbinden, manuell bediente Aufgaben digitalisieren und die Qualität von Prozessen dadurch erhöhen, dass Daten vor Ort erfasst oder Entscheidungen direkt getroffen werden.

Foto: IjinanDesign - Fotolia.com

In diversen privatwirtschaftlichen Projekten hat sich gezeigt, dass viele Ideen für mobile Anwendungen in Unternehmen entstehen, die Verantwortlichen aber oft "aus dem Bauch heraus" entscheiden, welche Initiativen sie weiterverfolgen. Leider zeigt sich immer häufiger, dass die Vorhaben nicht gezielt vorangetrieben werden beziehungsweise das Potenzial für mobile Anwendungen nicht systematisch analysiert wird.

Das birgt das Risiko, dass gegebenenfalls Bereiche mit mobilen Applikationen unterstützt werden, die kein großes Potenzial aufweisen, während andere Abläufe, die von einer App-gestützten Bearbeitung stark profitieren können, vernachlässigt werden.

Auf Basis seiner Projekterfahrungen hat das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE einen standardisierten Ablauf zur systematischen Analyse des Mobilitätspotenzials entwickelt und bereits in der Praxis erprobt.

Was kann die Methode leisten?

Die Methode zur Mobilitätspotenzialanalyse besteht aus fünf Abschnitten, die idealerweise, aber nicht notwendigerweise, nacheinander abgearbeitet werden. Die Reihenfolge lässt sich umkehren und verändern, wenn etwa in Fachbereichen Ideen zur App-Entwicklung vorliegen, deren Potenzial im Nachhinein analysiert werden soll. Üblicherweise steht die Ideenfindung erst später auf der Agenda der Methode.

Die Methode sieht fünf Bausteine vor. Ziel ist es, am Ende prozessunterstützende Apps entwickelt werden. Die Analyse von Rollen und Prozessen ist dabei besonders aufwendig.
Die Methode sieht fünf Bausteine vor. Ziel ist es, am Ende prozessunterstützende Apps entwickelt werden. Die Analyse von Rollen und Prozessen ist dabei besonders aufwendig.
Foto: Fraunhofer IESE

In jedem Abschnitt werden mehrere Aktivitäten von genau definierten Verantwortlichen durchgeführt, die alle nach dem gleichen Prinzip ablaufen:

  • Erheben und Dokumentieren von Informationen.

  • Bewerten der Informationen hinsichtlich möglicher Mobilitätspotenziale und Auswirkungen auf Geschäftsziele.

  • Auswählen der wichtigsten Informationen für Folgeaktivitäten.

Insbesondere der zweite Punkt ist von besonderer Bedeutung. Die Erfahrung zeigt, dass enorm viele Daten erhoben werden, so viele sogar, dass nicht alle vertieft ausgewertet werden können. Zwar sind im Allgemeinen alle gesammelten Informationen irgendwie und immer relevant, doch tragen nicht alle gleichermaßen zum späteren Erfolg bei. Daher ist es wichtig, solche Informationen besonders zu beachten, die sowohl zum Erreichen von Geschäftszielen beitragen als auch ein hohes Mobilitätspotenzial aufweisen.

Um die Bewertung zu vereinfachen, werden ganz konkrete Metriken vorgegeben. Die Mobilität einer Rolle (etwa Chemielaborant) ist etwa dann hoch, wenn der Mitarbeiter mindestens 20 Prozent seiner Arbeitszeit nicht an seinem Büroarbeitsplatz verbringt. Sie ist mittel, wenn er weniger als 20 Prozent der Zeit unterwegs ist, und niedrig bei ständiger Anwesenheit.

Diese Einteilung wird anfänglich vorgegeben und sollte über Projekte hinweg unternehmensspezifisch angepasst werden.