Zunehmend kritische Nutzer

E-Government - die Ansprüche steigen

19.05.2014
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die Akzeptanz der E-Government-Angebote ist rückläufig - nicht nur in Deutschland. Zwei Gründe haben die Fachleute ausgemacht: zum einen die wachsenden Sicherheitsbedenken, zum anderen die steigenden Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger. Höchste Zeit, dass die Bundesregierung darauf eingeht.

Anfang Juli des vergangenen Jahres hat die Bundesregierung das E-Government-Gesetz verabschiedet. Es zielt darauf ab, möglichst viele Behördengänge für Bürger und Unternehmen verzichtbar zu machen. Dem neuen Gesetz zufolge müssen künftig alle Behörden in Bund, Ländern und Kommunen elektronisch erreichbar sein. Geregelt ist auch, dass und wie Schriftstücke gescannt sowie Akten elektronisch geführt werden sollen. Damit will der Staat die Bürokratie verringern, die Effizienzen steigern sowie die Bequemlichkeit für die Nutzer verbessern.

Foto: Kurhan - Fotolia.com

Der Branchenverband Bitkom zeigte sich begeistert: "Das Gesetz kann uns allen künftig viel Geld und Zeit sparen", sagte Dieter Kempf, Präsident des Branchenverbands, in einer ersten Stellungnahme. Seiner Ansicht nach waren es vor allem technische Hürden wie die qualifizierte elektronische Signatur, welche die elektronische Kommunikation zwischen Bürgern beziehungsweise Unternehmen und Organisationen sowie staatlichen und kommunalen Organen behinderten. Im Gegensatz dazu sei die Anmeldung an einem rechtssicheren Behördenportal - mit Hilfe des neuen Personalausweises - eine ungleich praktikablere Alternative.

Mittlerweile ist die erste Euphorie verpufft. Die Identifikationsmöglichkeiten des "Perso", wie der neue Ausweis im Volksmund heißt, werden nur von wenigen angenommen. Für viele ist das Verfahren zu kompliziert. Oder sie fürchten, auf diese Weise zu viel von sich preiszugeben - nach der "NSA-Affäre" mehr denn je.

Nur jeder Dritte nutzt E-Government

Diese Zurückhaltung belegen beispielsweise die Ergebnisse des "E-Government Monitor 2013", den TNS Infratest gemeinsam mit dem Institute for Public Information Management (Ipima), einem Zusammenschluss von Wissenschaftlern der Technischen Universität München, im Auftrag der Initiative D21 erstellt hat. Dazu wurden jeweils etwa 1000 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Großbritannien, Schweden und den USA nach ihren Gewohnheiten und Einschätzungen hinsichtlich E-Government gefragt. Aus den Ergebnissen sollen sich Maßnahmen für die Weiterentwicklung der elektronischen Bürgerdienste ableiten und in ihrer Wirksamkeit überprüfen lassen, so die Initiatoren und Autoren der Studie.

Der zufolge nahmen 2013 nur etwas mehr als ein Drittel (36 Prozent) der deutschen Online-Nutzer ab 18 Jahren die vorhandenen E-Government-Angebote in Anspruch. Nun möchte man argumentieren, die schwache Nachfrage sei eine Folge des doch noch mageren Angebots. Dem widersprechen aber die Ergebnisse des Jahres 2012: Damals gaben 45 Prozent der befragten Online-Nutzer an, vom E-Government Gebrauch zu machen. Und das Angebot ist seither eher gewachsen als geschrumpft.

Die Studie im Online-Shop der COMPUTERWOCHE zum freien Download: http://bit.ly/1l0ZQmU

Zunehmend kritische Nutzer

Also hängt die geringe Nutzung wahrscheinlich damit zusammen, dass die potenziellen "E-Bürger" mit dem Gebotenen zunehmend kritisch ins Gericht gehen. Konkret waren hierzulande nur noch 17 Prozent der Befragten "äußerst zufrieden" mit dem Online-Auftritt ihrer Stadt oder Gemeinde; 2011 und 2012 waren das noch etwa doppelt so viele. Immerhin bezeichneten weitere 30 Prozent der Befragten in Deutschland als "zufrieden". Nur 13 Prozent äußerten dezidierte, mehr oder weniger starke Unzufriedenheit. Etwa genauso vielen waren die E-Government-Angebote unbekannt.

Wie der "Monitor" belegt, verzeichnet die Nutzung der behördlichen Online-Angebote aber nicht nur im DACH-Raum, sondern in allen beteiligten Ländern einen Rückgang, der in den meisten Fällen zwischen acht und 15 Prozentpunkten liegt. Damit einher gehe eine durchweg sinkende Zufriedenheit mit dem elektronischen Dienstleistungsangebot der Verwaltungen: Unübersichtliche Websites und komplizierte oder nicht vollständig elektronisch abgewickelte Services würden von den Nutzern nicht mehr akzeptiert, so die Autoren der Studie.

Pragmatisches Verhältnis

Petra Wolf, Executive Director des Ipima, und Helmut Krcmar, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der TU München, merken dazu an: Im Gegensatz zu vielen anderen Online-Angeboten sei die Nutzung von E-Government vor allem von Pragmatismus geprägt.

Der Online-Auftritt der Behörden habe für die meisten Bürger nur geringe Relevanz, so Wolf und Krcmar. Regelmäßig nutzten sie allenfalls die elektronische Steuererklärung. Umso wichtiger sei es, dass an den frequentierten Kontaktpunkten auf weitere E-Government-Angebote hingewiesen werde. "Immer noch ist die mangelnde Kenntnis der E-Government-Angebote und ihrer Vorteile ein nicht unwesentlicher Hemmnisfaktor für eine stärkere E-Government-Nutzung", sagen die beiden Wissenschaftler.

Sinnvolle Weiterentwicklung bei Elster

In dieser Beziehung schneidet die schon erwähnte elektronische Steuererklärung ("Elster") offenbar ganz gut ab. Knapp drei Fünftel der Bevölkerung, so sie überhaupt online geht, kennen Elster zumindest vom Hörensagen. Eigene Erfahrungen damit haben 35 Prozent gesammelt. Zudem waren mehr als ein Drittel der in Deutschland Befragten - und damit sogar etwas mehr als im Jahr zuvor - mit Elster voll und ganz zufrieden.

In Bezug auf Elster erkennen die Nutzer auch eine sinnvolle Weiterentwicklung, was eine stetig zunehmende Nutzung wahrscheinlich macht. Zu den angekündigten Erweiterungen, die als positiv eingestuft werden, gehört die "Vorausgefüllte Steuerklärung".