Von Bestechung im alten Rom bis hin zur Einschüchterung von Wählern in der DDR - Menschen werden gerne kreativ, wenn es darum geht Wahlergebnisse zu "optimieren". Warum zum Beispiel nicht einfach Verstorbene abstimmen lassen? Bei der serbischen Präsidentschaftswahl 2017 zeigte das Wählerverzeichnis insgesamt 800.000 Tote als wahlberechtigt - immerhin gut 22 Prozent der am Ende abgegebenen Stimmen.
Es wird also manipuliert, was das Zeug hält. Und auch moderne Technik wird dabei gerne genutzt - wie unter anderem die Hackerangriffe und Leaks vor den Präsidentschaftswahlen in den USA und Frankreich bewiesen haben. Nicht wenige Menschen fragen sich vor diesem Hintergrund, ob auch die Bundestagswahl 2017 am 24. September gefährdet ist.
Wir zeigen Ihnen die größten Wahlhacks der vergangenen Jahre und sagen Ihnen, wie wahrscheinlich Hackerangriffe im Rahmen der Bundestagswahl sind.
Putins Cyberkrieger
Schenkt man den Aussagen von FBI und CIA Glauben, waren es russische Hacker, die vor der Präsidentschaftswahl in den USA zehntausende Emails von Hillary Clintons Wahlkampfmanager erbeuteten - mittels Passwort-Phishing. Die Inhalte wurden anschließend auf WikiLeaks veröffentlicht. Julian Assange, Gründer der Enthüllungsplattform, sagte, die Quelle der Dokumente sei keine staatliche Stelle. Für NSA-Direktor Mike Rogers war die Situation dennoch klar: Russland stecke hinter der Online-Spionage und beabsichtige die Wahl zu Gunsten Donald Trumps zu beeinflussen.
- US-Demokraten
Im Rahmen eines großangelegten Datendiebstahls werden E-Mails aus dem Democratic National Commitee (DNC) veröffentlicht. Das sorgt nicht nur dafür, dass sich viele US-Amerikaner von der Demokratischen Partei – und ihrer Kandidatin Hillary Clinton – lossagen: Es beweist in den Augen vieler Menschen auch, dass Russland die US-Wahl zu Gunsten von Donald Trump beeinflusst. - Dyn
Eine massive DDoS-Attacke auf den DNS-Provider Dyn sorgt im Oktober für Wirbel: Mit Hilfe eines Botnetzes – bestehend aus tausenden unzureichend gesicherten IoT-Devices – gelingt es Cyberkriminellen, gleich drei Data Center von Dyn lahmzulegen. Amazon, GitHub, Twitter, die New York Times und einige weitere, große Websites sind über Stunden nicht erreichbar. - Panama Papers
Schon aufgrund der schieren Anzahl an gestohlenen Datensätzen, ist der Cyberangriff auf den panamischen Rechtsdienstleister Mossack Fonseca einer der größten Hacks des Jahres: 2,6 Terabyte an brisanten Daten werden dem Unternehmen gestohlen. Mit weitreichenden Folgen, denn die Dokumente decken auf, mit welchen Methoden mehr als 70 Politiker und Vorstände aus aller Welt Steuern mit Hilfe von Offshore-Firmen "sparen". - Yahoo
Erst im September musste Yahoo den größten Hack aller Zeiten eingestehen. Nun verdichten sich die Anzeichen, dass dieselben Hacker sich bereits ein Jahr zuvor deutlich übertroffen hatten: Bei einem Cyberangriff im August 2013 wurden demnach die Konten von knapp einer Milliarde Yahoo-Usern kompromittiert. Dabei wurden Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten und verschlüsselte Passwörter abgegriffen. - NSA
Eine Hackergruppe namens "Shadow Brokers" sorgt im Oktober für Aufsehen, indem sie versucht, Hacking-Tools auf der Blog-Plattform tumblr zu versteigern. Das Besondere daran: Das Toolset wollen die Cyberkriminellen zuvor von der berüchtigten Hackergruppe "Equation Group" gestohlen haben. Und es wird noch besser: Während die "Equation Group" immer wieder mit der National Security Agency in Verbindung gebracht wird, besteht der Verdacht, die "Shadow Brokers" hätten ihrerseits Connections nach Russland. - Bitfinex
Die Bitcoin-Trading-Plattform Bitfinex wird Anfang August 2016 um knapp 120.000 Bitcoins (ca. 89,1 Millionen Euro) erleichtert. Der Hackerangriff hebelt die mehrfach abgesicherte Authentifizierungs-Architektur des Unternehmens, die bis dahin als sicher gilt, schlicht aus. Zwar ist dieser Bitcoin-Hack "nur" der drittgrößte in der IT-Geschichte, allerdings stellt Bitfinex eine der größten Trading-Plattformen in diesem Segment dar. Das Unternehmen verteilt den Verlust übrigens "gleichmäßig" auf seine Kunden: 36 Prozent jedes einzelnen Kontos sind futsch. - Healthcare-Ransomware
Zugegeben: In diesem Fall handelt es sich nicht um einen großen Hack, sondern viele. Sehr viele. Insbesondere die Healthcare-Branche wird 2016 von immer populärer werdenden Ransomware-Kampagnen erschüttert, die sämtliche Dateien auf einem Rechner verschlüsseln und nur gegen die Zahlung eines Lösegelds wieder freigeben (oder auch nicht). Daraus lässt sich einerseits ablesen, wie lukrativ das Geschäft mit der Erpressungs-Malware ist, andererseits, wie weit kriminelle Hacker bereit sind zu gehen, wenn es um ihre monetären Interessen geht.
Nur Tage nach der US-Wahl soll sich Russland auch in Bulgarien in die Abstimmung über den neuen Präsidenten eingemischt haben. Unter anderem soll Wahlkampfpropaganda ("Fake News") dem Kreml-Wunschkandidaten Rumen Radew zum Sieg verholfen haben.
Auch in der Ukraine ist man nicht sonderlich gut auf den großen Nachbarn zu sprechen. Laut ukrainischen Beamten habe Russland vor der Präsidentschaftswahl 2014 mehrere koordinierte Hackerangriffe gestartet. Gefälschte Wahlergebnisse hätten einen Ultranationalisten zum Sieger erklären sollen, der tatsächlich weniger als ein Prozent der Stimmen erhalten hat.
Unabhängig von der Herkunft der Akteure sind Hacks von digitalen Wahlsystemen nichts Neues. Im Juni 2016 erbeuteten Hacker im US-Bundesstaat Illinois persönliche Informationen von 200.000 Wahlberechtigten. Schon zehn Jahre zuvor schafften es Mitarbeiter des Illinois Ballot Integrity Projects, in die Wählerdatenbank der Stadt Chicago einzudringen. So konnten sie nicht nur persönliche Daten wie Namen, Adressen, Geburtstage und Sozialversicherungsnummern einsehen, sondern hätten sogar den Status der betreffenden Personen als Wähler verändern können. Diese wären am Wahltag dann nicht zur Wahl zugelassen worden. Außerdem wäre es möglich gewesen, auch die Zuordnung der Wähler zu bestimmten Wahlbezirken oder Wahllokalen zu ändern - oder direkt die ganze Datenbank zu löschen.
Die Macron-Leaks
Kurz vor der Stichwahl um das französische Präsidentenamt wurden E-Mails und vertrauliche Daten des späteren Gewinners Emanuel Macron veröffentlicht. Wer tatsächlich hinter diesem Cyberangriff steckte, ist bis heute unklar. Vielleicht waren es wieder russische Hacker - etwa die Gruppe Pawn Storm alias Fancy Bear oder APT28 - eventuell auch im Auftrag der russischen Regierung.
Sicher scheint diesbezüglich nur, dass der Initiator des Angriffs Macron schaden und somit den rechtsextremen Front National unterstützen wollte. Die ungefähr neun Gigabyte umfassenden Daten waren erst eineinhalb Tage vor der Wahl auf der Textsharing-Plattform Pastebin veröffentlicht worden. Allerdings erfolgte der Hack laut Macrons Team schon einige Wochen vor der Wahl. Wie die Identität der Angreifer ist auch der Grund schleierhaft, warum sie solange mit der Veröffentlichung warteten. Eine Möglichkeit: Unter den Daten fand sich nichts Belastendes. Die Auswirkungen des Leaks hielten sich im Fall Macron jedenfalls in Grenzen.