Hamburger IT-Strategietage

KfW steckt 500 Millionen Euro in neue Plattform

08.02.2013
Von Sven Ohnstedt
"Wir haben keine schönen Marken, wir haben nur das Geld", sagt Klaus Neumann zur Eröffnung seines Vortrags. Um anschließend infrage zu stellen, ob das Geld künftig seine Abnehmer finden wird – sprich: seine Kunden.
Klaus Neumann, Leiter des Bereichs Informationstechnologie bei der KfW Bankengruppe: "Digital Natives können mit den sperrigen Produkten, die Banken mitunter anbieten, nichts anfangen."
Klaus Neumann, Leiter des Bereichs Informationstechnologie bei der KfW Bankengruppe: "Digital Natives können mit den sperrigen Produkten, die Banken mitunter anbieten, nichts anfangen."
Foto: Foto Vogt

Neumann ist Leiter des Bereichs Informationstechnologie bei der KfW Bankengruppe. "Die jüngere Generation ist es gewohnt, ihre Geschäfte über das Internet abzuwickeln", sagt er. Die ganze Branche stehe vor der Herausforderung, auf das veränderte Kundenverhalten zu reagieren – und zwar möglichst schnell: Die Innovationsdynamik habe zugenommen. Es dauerte zwei Jahrzehnte, ehe 100 Millionen Kreditkarten im Umlauf waren. PayPal benötigte hingegen nur 3 Jahre für 100 Millionen registrierte Nutzer. „Die Zeit, die uns zum Beobachten zur Verfügung steht, nahm enorm ab", sagt Neumann. Ist die Branche flexibel genug, um darauf zu reagieren?

Schon jetzt gibt es zahlreiche Anbieter, deren Geschäftsmodelle in Konkurrenz zu traditionellen Banken stehen: Online-Plattformen wie Kickstarter bieten den Anwendern innovative Verfahren und leiten so das Geld vollständig am Bankensektor vorbei. „Diese Plattformen üben enormen Druck auf die etablierten Banken aus", sagt Neumann. Er selbst kann diese Entwicklung gut nachvollziehen: „Digital Natives können mit den sperrigen Produkten, die Banken mitunter anbieten, nichts anfangen." Es muss einfacher gehen – transparent und alles im Internet.

„Wir trugen lange Sorgen, dass die Kunden uns nicht wahrnehmen, weil wir mangels Filialen nicht so gut sichtbar sind", so Neumann. Mittlerweile sieht er darin keinen Nachteil mehr: Wenn die Geschäfte vollständig über das Internet abgewickelt werden können, dann werden auch keine Filialen mehr benötigt. Etablierte Banken halten zwar gerne entgegen, dass die Kunden sich weiterhin gerne direkt vor Ort beraten lassen. Neumann sieht das aber anders: „Was sollten sie sonst tun? Im Internet finden sie derzeit die Informationen nun mal nicht."

Zumindest nicht von offizieller Seite: In Vergleichsportalen herrsche durchaus rege Diskussion über die Produkte und Leistungen der Branche. „Das Verkaufsgespräch in der Filiale verliert an Bedeutung", sagt Neumann. Banken müssen sich damit abfinden, dass sie nicht mehr die Informationshoheit innehaben. Dementsprechend ist es auch nicht sinnvoll, den Kunden die Informationen im Internet vorzuenthalten - „so kann es nicht weitergehen."

500 Millionen Euro für neue IT-Landschaft

Die KfW investiere derzeit 500 Millionen Euro in eine neue IT-Landschaft. Es soll eine Online-Plattform entstehen, die Kredite vollkommen automatisiert vergeben kann. „95 Prozent des Geschäfts soll online ablaufen", kommentiert Neumann. Für den Kunden soll es keine Rolle spielen, ob er das Geschäft in der Filiale oder im Internet abschließt. „Das Konzept stammt dabei aus der IT", sagt Neumann.

Kann sich die KfW tatsächlich behaupten? „Ich wage keine Prognose", antwortet Neumann, „der Ausgang ist offen." Banken besitzen zweifelsohne Know-how sowie hohe Kundenbindung. Sie sollten sich darauf jedoch nicht verlassen: Die Branche sei derzeit damit beschäftigt, die aktuelle Gesetzgebung umzusetzen. Sie gibt dafür viel Geld aus. „Darüber hinaus wird wenig investiert", sagt Neumann. Das könnte sich demnächst rächen – zumal es aufgrund der eigenen Schwachpunkte kaum möglich sei, innovative Startups zu akquirieren. „So einfach wird das nicht funktionieren", sagt Neumann.

Unter dem Strich: Alternative Finanzierungsformen gewinnen zunehmend an Bedeutung. Ohne Online-Plattformen und entsprechende IT wird keine traditionelle Bank mehr auskommen. Sind die Banken diesem Wandel gewachsen? „Ich habe Hoffnung, aber keine besonders große", sagt Neumann, „ dafür müsste man langsam mal anfangen."

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.de. (mhr)